Leiterin Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie

ICH BIN: Leiterin Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie

Dr. Christine Rasche
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.

Dr. Christine Rasche fand es schon immer reizvoll, die chemischen Ressourcen der Natur zu verstehen und diese für die chemische Industrie zu erschließen. Nach ihrer Promotion in Pflanzen- und Holzchemie konnte sie mit ihrem Bioraffinerie-Hintergrund direkt als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer CBP einsteigen. Heute leitet Sie das Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie am Fraunhofer IGB.

Wieso haben Sie sich für ihr Fachgebiet entschieden? Was hat Sie daran gereizt?

Die Lebensmittelchemie beinhaltet viel Analytik. Diese Detektivarbeit fand ich anfänglich sehr spannend, jedoch konnte ich mich im typischen Berufsbild bspw. im Landesuntersuchungsamt nicht wiederfinden. Glücklicherweise gibt es an der TU Dresden eine starke Holz- und Pflanzenchemie. Das tiefere Verständnis zu dem, was die Natur uns chemisch bietet und die Nutzbarmachung unserer biogenen Ressourcen für die chemische Industrie, fand und finde ich immer noch sehr reizvoll.

Wie sah Ihr Berufseinstieg aus?

Als ich dann am Ende meiner Promotion noch die Möglichkeit hatte, ein Verfahren in den Pilotmaßstab zu übertragen, wurde mir klar, dass größere Anlagen eine unheimliche Faszination auf mich ausüben. Das konnte ich am Fraunhofer CBP in Leuna wunderbar mit meinem Bioraffinerie-Hintergrund verbinden und dort direkt als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Projektleiterin beginnen. Das brachte eine sehr breites Aufgabenfeld und eine entsprechend steile Lernkurve mit sich. Dazu gehörten 
•    Akquise von Projekten: also das Schreiben von Anträgen für Drittmittel aber auch Angeboten für Industriekunden,
•    Projektbearbeitung: eigene Verfahrensentwicklung oder Verständnis des Kundenprozesses, technische Bearbeitung mit den Technikern und Ingenieuren in den Pilotanlagen, Datenauswertung, Berichte schreiben
•    Netzwerkaufbau: ich durfte schon frühzeitig auf Konferenzen, Messen und Netzwerkveranstaltungen herumtreiben und dort das gesamte Zentrum repräsentieren.

Was machen Sie heute? Welche Aufgaben haben Sie als Leiterin Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie?

Mit dem Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie leite ich eines von insgesamt drei Geschäftsfeldern am Fraunhofer IGB. Hier habe ich im Wesentlichen folgende Aufgaben: Ich
•    fungiere als Schnittstelle zwischen Kunden und unseren wissenschaftlichen Fachabteilungen an allen Standorten des Fraunhofer IGB. 
•    bringe aktuelle Bedürfnisse von Unternehmen aus der chemischen Industrie in Erfahrung und hole relevante Marktinformationen ein.
•    betreibe Netzwerkpflege und repräsentiere das Institut auf relevanten Veranstaltungen unsere Netzwerke.
•    vertrete das Geschäftsfeld in Gremien und bin das Bindeglied zu Ministerien. 
•    beteilige mich an der Akquise von öffentlichen Fördermitteln für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. 
•    entwickle die strategische Ausrichtung des Instituts mit.

Welche Kenntnisse und Eigenschaften sollte man für Ihr Berufsfeld mitbringen?

Neben dem chemischen Hintergrund, benötige ich sehr vielfältige Kenntnisse, die ich mir in den verschiedenen Stationen meiner Karriere angeeignet habe. Die wesentlichsten sind
•    Projektmanagement und -koordination
•    Zielgruppenorientierte Präsentation;
•    Kommunikationsstärke: aufmerksames Zuhören und tatsächliche Bedürfnisse meines Gegenübers identifizieren; 
•    Recherchieren von Marktdaten und das in den Kontext setzen zu den eigenen Fragestellungen;
•    Verfahren zur Lösung von Problemen (das “Hinunterbrechen in managebare kleinere Happen”).

Beschreiben Sie einen typischen Arbeitstag. Gibt es unvorhergesehene Ereignisse, die Ihre Aufmerksamkeit fordern? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Kollegen? Arbeiten Sie im Team?

Tatsächlich gibt es den typischen Arbeitstag für mich nicht. Ich bin sehr viel unterwegs zu unseren anderen Institutsteilen, zu Kunden oder Netzwerkveranstaltungen. Dabei arbeite ich in keinem festen Team, sondern habe die Aufgabe, übergeordnet Kenntnis von den jeweiligen Expertisen und Projekten der Fachabteilungen zu haben und diese dann gezielt zu vernetzen oder in Projekte gemeinsam einzubinden. Dazu telefoniere ich viel mit unseren Wissenschaftlern. Mal geht es um Elektrochemie, mal darum eine Proteinplattform aufzubauen. Die Bandbreite ist riesig und das macht sehr viel Freude. Mit den meisten meiner Kollegen genieße ich einen sehr offenen herzlichen Umgang, insbesondere wenn sich auch mal eine gemeinsame Dienstreise ergibt.

Inwieweit unterscheidet sich Ihr Arbeitsalltag heute von dem während des Studiums/ der Promotion? Inwiefern hat Ihr Studium/ Ihre Promotion Sie auf Ihren heutigen Job vorbereitet?

Mein Studium hat mir sicherlich eine sehr solide fachliche Basis und die straffe Selbstorganisation mitgegeben. Viele der Fähigkeiten, die ich jetzt benötige oder für den Berufseinstieg benötigt habe, sind jedoch zu kurz gekommen. Während davon sicherlich einiges zu spezifisch ist, könnte beispielsweise eine tiefergehende Kenntnis im Projektmanagement für alle Absolventen hilfreich sein. Anderseits war mir zumindest so schon alles andere als langweilig im Chemiestudium.

Was begeistert Sie an Ihrer Arbeit? Gibt es besondere Herausforderungen?

Mich begeistert die Abwechslung an meiner Arbeit: Chemikerin, Managerin, Juristin, Führungskraft, Veranstaltungsmanagerin, Kommunikationsexpertin, Business Developerin: diese Aspekte sind Teil meines Jobs; manchmal an einem einzigen Tag.
Dabei habe ich alle Gestaltungsfreiheiten: Ich kann selbst thematische Schwerpunkte setzen, die ich aus den Gesprächen mit der Industrie und aus Konferenzteilnahmen ableite. Meinen Arbeitsalltag organisiere ich selbst, wähle selber die relevanten Veranstaltungen und Netzwerke aus und überlege welche Aktionen notwendig sind, um das Institut gut zu positionieren. Dabei kann ich immer auf tolle Kollegen zurückgreifen, die mich mit der notwendigen tieferen Fachkenntnis beraten und unterstützen.

Wie sehen Karrieremöglichkeiten in Ihrem Berufsfeld aus?

Die Verknüpfung von fachlich-technischen Kenntnissen mit Skills in Management und Führung erschließen viele Karrieremöglichkeiten wie leitende Positionen bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der chemischen Industrie.

Wenn jemand den gleichen Karriereweg einschlagen möchte, was würden Sie ihm raten?

Mutig sein: ich habe mich anfangs schwer getan mich aus der Comfort-Zone meiner fachlichen Expertise hinauszubewegen. Letztendlich habe ich in zwei Jahren Tätigkeit in einer Beratungsfirma gelernt, alle paar Wochen oder manchmal auch Tage in ein neues Problem zuweilen in komplett neuen Themenfeldern einzutauchen und ebendiese Zone deutlich zu verlassen. Von diesen Erfahrungen mache ich in meiner jetzigen Position am meisten Gebrauch.

Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung genderspezifischer Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.

zuletzt geändert am: 29.01.2025 13:11 Uhr von A.Miller